Sarina Hert

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hat gefragt

Kann ein Hund im Klassenzimmer das Lernen erleichtern?

Sarina Hert

Sarina Hert

13.05.2024

Liebe Wissenschaftler:innen

Ich interessiere mich sehr fūr Pādagogik und hātte da eine Frage zu Tieren (z.B. Hunden), die speziell pādagogisch geschult sind und in Schulklassen mitgenommen werden. Wie kōnnen beispielsweise Hunde das Sozial- oder Lernverhalten von Kindern beeinflussen?

Liebe Sarina,


vielen Dank für deine Frage. Die hundegestützte Pädagogik erfreut sich in den letzten Jahren eines wachsenden Interesses. Tatsächlich gibt es einige Studien, welche sich dem Thema annehmen. Meist werden diese jedoch mit eher wenigen Schulklassen bzw. Kindern durchgeführt, weshalb die Befunde nur eingeschränkt generalisierbar sind. Nichtsdestotrotz können sie für die Praxis spannende Hinweise liefern.


Die Studien zeigen, dass ein geschulter Hund positive Effekte hat – auf drei Ebenen: auf einer physiologischen, einer sozio-emotionalen und auf der Leistungsebene (Beetz, 2012).


Auf der physiologischen Ebene kann ein Hund im Schulzimmer stressreduzierend wirken. In der betreffenden Studie wurde das Stresshormon Cortisol und das Bindungshormon Oxytocin untersucht und man hat gesehen, dass beispielsweise das Streicheln des Hundes (also Körperkontakt) zu einer Reduktion des Stresshormons und einem Anstieg des Bindungshormons Oxytocin führt (Beetz, Julius, Turner & Kortschal, 2012). Das heisst, das Stressempfinden der Kinder nimmt ab. Gleichzeitig nimmt das Glücksempfinden oder das Empfinden angenehmer Nähe zu (Oxytocin wird auch ausgeschüttet, wenn Eltern ihre Babys im Arm halten).


Auf sozio-emotionaler Ebene konnte gezeigt werden, dass ein Hund sich positiv auf den Zusammenhalt der Klasse auswirken kann (Kotrschal & Ortbauer, 2003).


Auf der Ebene der Leistung widmen sich die Studien vor allem der Leseförderung. Hierzu gibt es auch eine Meta-Analyse, das heisst, eine Studie, welche die Befunde vieler Studien zusammenfasst. Diese Metastudie konnte zeigen, dass ein Hund während eines Leseförderprogramm die Entwicklung der Leseleistung positiv beeinflusst (Reilly, Adesope & Erman, 2020). Die Kinder konnten in diesem Programm etwa dem Hund laut vorlesen. Dies empfanden sie häufig als weniger stressig und angstauslösend (Ein Hund wertet nicht). So bekamen auch ängstliche Kinder die Gelegenheit, das laute Vorlesen zu üben und sich zu verbessern. Die Anwesenheit des Hundes steigerte auch die Einstellung der Kinder zum Lesen: Lesen mit Hund fanden sie cooler als ohne. Ausserdem freuen sich Kinder Zeit mit dem Hund zu verbringen, was sie zusätzlich für ihre Leseübungen motiviert (Belohnungsaspekt).


Das Forschungsgebiet zur hundegestützten Pädagogik ist sehr weit. Zur Vertiefung kann ich dieses Buchkapitel empfehlen – es fokussiert auf Leseförderung, fasst aber auch allgemeine Aspekte gut zusammen:

Heyer, Meike & Beetz, Andrea M. 2014. “Grundlagen und Effekte einer hundegestützten Leseförderung». Empirische Sonderpädagogik 6


Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter.

Herzliche Grüsse,

Katharina Antognini


Literaturangaben

  • Beetz, A. 2012. Hunde im Schulalltag. Grundlagen und Praxis. München.
  • Beetz, A., Julius, H., Turner, D., & Kotrschal, K. 2012. «Effects of social support by a dog on stress modulation in male children with insecure attachment”. Frontiers in psychology, 3, 31093.
  • Kotrschal, K., & Ortbauer, B. 2003. “Behavioral effects of the presence of a dog in a classroom”. Anthrozoös 16.
  • Reilly, K. M., Adesope, O. O., & Erdman, P. 2020. “The Effects of Dogs on Learning: A Meta-Analysis”. Anthrozoös 33(3)

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